von Nicole:
Irgendwie schien ich die Einzige zu sein, die nicht mitbekam, daß wir in nem neuen Raum den Treffpunkt aller BrevetlerInnen hatten, die sich an dem frühen Morgen frischen Mutes zum 3. Male in diesem Frühling zusammenfanden. Aber ich fand ihn denn doch und konnte somit dem ein oder anderen bekannten Gesicht hoffentlich freundlich entgegenlächeln
und begrüßen und ihm / ihr seine Startunterlagen in die Hände drücken.

Erstaunlich viele Anmeldungen hatten wir, dafür, daß das
doch einige Kilometerchen waren, die es galt, unter die Pneus zu
nehmen.

Ein neuer Volkssport ?

Hhhmm, ich hoffe ja irgendwie nicht.
Denn dann wären ja sämtliche Tanken und gemütlichen Deich-, Schiffs-, Wald- und Wiesenrestaurants, Getränkequellen und -oasen, die sich manchmal unverhofft und wie von geisterhand, als würde und wäre das Stoßgebet erhört worden ( so kurz vorm Einbruch) , am Wegesrand auftun, von hungrigen, durstigen und brevetkartenwedelnden RandonneurInnen quasi belagert und geplündert.

Pünktlich ging es los um 7h, alle guter Dinge, denke und hoffte ich...
Warum auch nicht? Obwohl doch unser Ralf etwas Anlaß zur Sorge bei mir auslöste, verkündete er doch, er würde partizipieren---was konkret bedeutete: die chancen der Niederschlagswahrscheinlichkeit würden erheblich steigen...

nichtsdestotrotz setzten wir uns in Gang.

Und so blieben wir relativ geschlossen beisammen bis zur ersten Kontrolle in Nettgendorf. Gerade jetzt kommt mir die Frage auf, ob wir denn dort in der Fleischerei immer noch gern gesehene Gäste sind, oder ob den Verkäuferinnen schon beim Anblick der stinkenden Meute das Messer aus der Hand fällt... Als dann nach dem ersten Stempel sogleich die ersten Männer ihr Bein hoben.... und ungeduldig mit der Pedale schabten, den unruhigen Blick des zeitgeschundenen Brevetlers in den Augen, überkam mich nicht wirklich mehr die Not, mit denen das Tempo teilen zu wollen, und ich entschied mich dafür, erst mal hinterm Busch zu verschwinden. "Wat mut dat mut", pflegt Ralf immer so schön zu sagen.

Die natürliche Selektion ergab, daß auch auch einige andere so dachten, und so blieben wir ein Haufen von sechs oder acht netten, wirklich netten Persönchen, die sich die nächsten 345km viel zu erzählen hatten.

Und wir setzten uns wieder in Bewegung. Kühl war es für mein Empfinden, aber ich glaube das zählt nicht recht, mir ist es meist zu kalt. Alles unter 20 Grad Celsius ist kalt.
Klaus versteht das.

In wunderbarster Landschaft fiel das Pedalieren leicht, die Felder und Wälder ergossen sich in schönsten Frühlingstönen. Die Kilometer aufm Display wurden mehr, die Stempel auf unseren gelben Kärtchen auch. Ich fragte nach, ob denn jemand wisse, wo der Ralf stecken würde: VOR oder HINTER uns. Niemand kannte die Antwort, nur Ralf persönlich, der denn auch an einer Tanke auf uns stieß und uns ab dann beehrte. Und so kamen
wir denn nach erlebnisreichen und eindrucksvollen 242,1 km am späten Nachmitag an der Konrolle am Oder-Deich an, machten das erste Mal ne längere Rast, um gut zu speisen und gewappnet für die anstehende Nacht zu sein.

Bevor diese einbrach, konnten wir unsere Blicke, viele Kilometer auf dem Deich radelnd, rechterhand ins polnische Nachbarland schweifen lassen. Die Weite, die uns ringherum umgab, war wieder mal beeindruckend schön und wurde noch untermalt von der Abendstimmung, die langsam hereinbrach, noch erwärmende Sonnenstrahlen ins Land zauberte und all dei friedliche Natur in ihr besonderes Licht tauchte. In solch schönen Stimmungen wäre ein Nicht-Reden oft viel schöner, einfach nur in die Stimmung hineingleiten und aufnehmen...

Kurz vor Angermünde mußten wir uns denn auch schon fast "nachtfertig" anziehen, denn die Dunkelheit kam doch recht flott, und mit ihr die gemeine Kühle.

Fast alle gut gewappnet, wurden von der Dunkelheit der Landstraße empfangen, und ich war wieder froh, mit einem so netten Team unterwegs zu sein. Wir rollten schon den ganzen Tag in einem durchaus zügigen, aber akzeptablem Tempo durch die Lande, eine homogene Truppe, ohne Streßer oder Zappler. Des nachts, an der tollen Strecke am
Werbellinsee, durften wir bei einer "Zwangspause" Gasthörer sein bei einem beeindrucken Froschkonzert, das sich uns in der Finsternis der Nacht, bewacht von einem klaren Sternenhimmel über uns, geboten wurde, während ein wackerer Randonneur zweimal seine Reifenpanne beheben mußte.

Das sind diese einzigartigen Momente, die wir dann mit in den Alltag nehmen. Denn wann kommt man/ frau schon mal in den Genuß, sich mitten in der Nacht ein solch wunderbares Konzert, in einer solch beschaulichen Natur unter jenem Sternenhimmel anhören zu dürfen?

Nach einem Tag, der mit einer tollen Strecke, netten RandonneurInnen, schönen Gesprächen, mit scheuen Störchen, Reihern und Rehen, in den Bäumen sitzenden und mit uns fliegnden majestätischen Greifvögeln, auf den Feldern grasenden Schafen, Kühen und Pferden, farbenprächtigen Apfel-und Kirschblütenbäumenalleen, duftenden und leuchtenden Rapsfeldern, streunenden Katzen und hinter Gartenzäunen kläffenden
Hunden, in der Dunkelheit quakenden Fröschen und leuchtendem Sternenhimmel... gespickt war kam ich denn zusammen mit Marienne (richtig geschrieben?), mit dem ich lange zusammenfuhr und der mich auch die letzten Kilometer treu begleitete, um kurz nach 3h morgens ins Ziel.

Schön.

Zu all dem ganzen Natur- und Tierspektakel fehlt eigentlich nur noch EINS: das Zirpen der Grillen. das dann hoffentlich beim 600er unser Begleitteam sein wird, im Sonnenschein des Tages und dem lauwarmen Lüftchen der Nacht...

Bis dahin...

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